Sprache als Zeitzeuge

10.02.2022 -  

Die Germanistin Dr. Kristin Kuck von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg erforscht in einem neugegründeten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojekt „Kontroverse Diskurse. Sprachgeschichte als Zeitgeschichte seit 1990“ den Sprachgebrauch seit der Wende. Das Ziel des Verbundprojektes zahlreicher Universitäten in Deutschland und der Schweiz ist es, in den nächsten vier Jahren zentrale politische Diskurse und Debatten seit 1990, beispielsweise zu Themen wie Digitalisierung, Umweltschutz, Bildung, aber auch zu Gleichstellung und Partizipation, zu analysieren und in einer sprachgeschichtlichen Gesamtübersicht darzustellen. Damit soll eine Lücke in der wissenschaftlichen Aufarbeitung von Sprache und deren Gebrauch seit der Wende geschlossen werden.

Diese Veränderungen unserer Alltagssprache im Laufe der Jahre seien dabei weniger in der Grammatik oder der Aussprache zu finden, so die Sprachwissenschaftlerin Dr. phil. Kirsten Kuck vom Bereich Germanistik der Fakultät für Humanwissenschaften, sondern liegen eher in der Verschiebung von Bedeutungen. „So war der Begriff Terrorismus in den 1990er-Jahren noch nicht mit islamistischen Anschlägen verknüpft, sondern noch eher mit der Erinnerung an die Anschläge der Rote-Armee-Fraktion im sogenannten Deutschen Herbst 1977“, so die Sprachwissenschaftlerin. Sie wird sich in einem der insgesamt fünf Teilprojekte mit der gesellschaftlichen Debatte um die Äußere und Innere Sicherheit in Deutschland seit 1990 auseinandersetzen.

„Sprache formt Gesellschaft“, so die Germanistin Kuck. „Keine gesellschaftliche Chance und keine gesellschaftliche Herausforderung, bei der Sprache nicht eine zentrale Rolle spielt. Für uns ist es darüber hinaus ein spannendes Thema, denn wir führen die Erforschung unseres Sprachgebrauchs von vor 30 Jahren mit aktuellen Methoden weiter.“ Die Wende sei dafür ein guter Startpunkt, da sie auch zeitgeschichtlich eine Zäsur in der deutschen Geschichte darstelle.

Methodisch werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Medientexte der letzten dreißig Jahre zum Thema analysieren, da dort ein relevanter Teil der öffentlichen Diskurse geführt wurde. Zur Beurteilung des Sprachgebrauchs damals und heute werden sie unter anderem Worthäufigkeiten, Phrasen und andere Sprachphänomene untersuchen. Darüber hinaus wenden sie auch qualitative, interpretative Methoden an, mit denen die Texte analysiert werden, zum Beispiel typische Argumentationsmuster oder typische Metaphern oder auch neue Wörter, die in den Sprachgebrauch Einzug gehalten haben. Die Ergebnisse der sprachgeschichtlichen Forschung werden in mehreren Bänden veröffentlicht.

In der Forschungsgruppe kooperieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt, der Universität Trier sowie der Universitäten Marburg, Magdeburg, Kiel, Zürich und Genf. Koordiniert wird die Gruppe von der Uni Trier.

 

Bilder zum Download:

Bild 1// Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg // Bildunterschrift: Dr. Kristin Kuck, Bereich Germanistik, Fakultät für Humanwissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Letzte Änderung: 30.11.2022 - Ansprechpartner: Katharina Vorwerk