Historischen Geräten auf der Spur
Daniel Berg, Mahmoud Almizel und Joaquin Löning wollen historischen EKG-Geräten aus den Sammlungen der Medizintechnik des Universitätsklinikums auf den Grund gehen. Die Medizintechnikstudenten der Uni Magdeburg reisten für ihre Recherche sogar bis ins Staatsarchiv nach Chemnitz.
Daniel Berg, Mahmoud Almizel und Joaquin Löning (von links) sind extra nach Chemnitz gereist, um der Geschichte von EKG-Geräten auf die Spur zu kommen (c) privat
In einem abgeschirmten Raum sitzen drei Studenten konzentriert über losen Blättern, Benutzerhandbüchern und Bedienungsanleitungen. Es ist still, nur hier und da ist ein leises Seufzen und das Rascheln von Papier zu vernehmen. Das Team aus Medizintechnikstudenten ist weit gereist, um im Sächsischen Staatsarchiv nach Antworten zu suchen: Im Keller unter der Medizinischen Zentralbibliothek in Magdeburg befinden sich nämlich eine Reihe von Elektrokardiografen, kurz EKG, aus der DDR. Doch woher stammen sie? Und welche Geschichte erzählen die Geräte? Nachdem die Suche im Internet und den Magdeburger Bibliotheken vergeblich war, recherchieren Daniel Berg und sein Projektteam im Staatsarchiv in Chemnitz.
Über das eigene Fachgebiet hinausblicken
Alles begann, als neugierige Teilnehmende des Kustodie-Projekts im Sommersemester 2020 den Keller unter der Medizinischen Zentralbibliothek durchsuchten. Dabei entdeckten sie neben Lageplänen, Pneumothoraxgeräten, Endoskopen, Defibrillatoren und Ultraschallgeräten auch zehn EKG-Geräte. „Danach kam unser Dozent auf uns zu und schlug vor, eine Objektbiografie darüber zu verfassen“, erzählt Medizintechnikstudent Daniel Berg. Bisher waren hauptsächlich Studierende der Humanwissenschaften an dem Kustodie-Projekt beteiligt. Weil die medizinischen Geräte aber auch technisch genau betrachtet werden sollten, brachten sich in diesem Semester auch Studierende der Medizintechnik ein.
„Es war sehr interessant, so interdisziplinär zu arbeiten“, sagt Daniel Berg, „wir haben in unsrem Fach beispielsweise kaum mit Quellenarbeit oder Literaturrecherche zu tun. Das konnten wir aber bei dem Projekt gut lernen.“ Die theoretischen Grundlagen dafür wurden in der begleitenden Lehrveranstaltung vermittelt: Dr. Nora Pleßke, die Verantwortliche für die Kustodie, half dort beim Umgang mit der Literatur und beim Schreiben des Wiki-Eintrags.
Bezüglich der EKGs gab es eine besondere Herausforderung: Anfangs war lange nicht klar, wie und wo die Geräte gebaut wurden. „Es stellte sich dann heraus, dass sie aus dem Messgerätewerk des volkseigenen Betriebes in Zwönitz stammen“, erklärt Daniel Berg. Bei ihrer weiteren Untersuchung erstaunte das Team außerdem, dass das Gerät bereits 1953 batteriebetrieben war, denn diese Technik war damals noch sehr jung.
EKGs: Früher und heute
„Als wir für unsere Recherche in Chemnitz ankamen, standen wir erstmal vor vier Bücherwagen voller Blätter, Broschüren und Anleitungen, die der Archivar schon vorbereitet hat“, erinnert sich der Student. Die Dreiergruppe hatte eine lange Zugfahrt hinter sich. „Wir haben also gleichzeitig eine Stichprobe gemacht, wie leistungsfähig wir nach der langen Anreise sind“, so Daniel Berg weiter.
Schnell ergaben sich einige Erkenntnisse: Die EKG-Geräte wurden mit der Zeit kompakter und flexibler. War der Patient damals für ein Langzeit-EKG 24 an das Krankenhaus gebunden, so ist es heute möglich, sich das portable Gerät umzuschnallen. Portabel waren die Geräte dank Batteriebetrieb damals zwar auch schon, allerdings wogen sie um die neun Kilogramm. „Von der Bauweise her hat sich nicht so viel verändert – es ist bloß alles kleiner, leichter und kompakter geworden“, erzählt der Student.
Medizintechnik studieren und Medizin voranbringen
„Wer weiß, wenn es weiter so geht, kann man vielleicht irgendwann medizinische Untersuchungen per Handy durchführen“, sagt der Medizintechnikstudent. Er selbst möchte nach dem Studium mit bildgebenden Verfahren der Medizintechnik arbeiten und sie optimieren. Die Recherche für das Kustodie-Projekt sei auch deswegen sehr spannend gewesen, um die Entwicklung der Medizintechnik an einem Beispiel zu sehen, so Daniel Berg.
Das Medizintechnikstudium umfasst sieben Semester Regelstudienzeit. „Gerade für Studienanfänger und -anfängerinnen ist es wichtig zu wissen, dass dieses Studium vor allem den Fokus auf die Technik legt“, gibt Daniel Berg mit auf den Weg, „man sollte also nicht nur Interesse an den medizinischen Inhalten, sondern vor allem an dem technischen Aspekt der Medizin haben“.
Das Kontingent der an der Uni Magdeburg befindlichen medizinischen Sammlungen ist bei Weitem nicht ausgeschöpft: Auch im Sommersemester 2021 wird sich das Kustodie-Projekt mit der Zusammenschau Medizinischer Sammlungen beschäftigen. Studierende aller Fachrichtungen können teilnehmen.
von Saskia Fischer