Auf der Suche nach neuen Materialeigenschaften
Physikerinnen und Physiker der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg wollen die Materialeigenschaften sogenannter magnetischer Elastomere so verändern, dass diese innovativen Kunststoffe künftig als intelligente Materialien etwa in Sensortechnologien der Robotik und Medizin eingesetzt werden können. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG geförderten Projekt zusammen mit Einrichtungen in Dresden und Aachen ist es das Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die außergewöhnlichen Eigenschaften dieser Kunststoffe bereits während des Herstellungsprozesses gezielt für Anwendungen wie in medizinischen Geräten oder Automobilkomponenten zu optimieren.
Elastomere sind Kunststoffe, die sich unter Zug- und Druckbelastung elastisch verformen, danach aber - wie Latex, Neopren, Silikon oder Gummi - wieder in ihre ursprüngliche Form zurückkehren. Magnetische Elastomere besitzen über diese elastischen Eigenschaften hinaus auch magnetische Eigenschaften: Sie können sich sowohl unter Zug- und Druckbelastung verformen, zusätzlich aber auch unter dem Einfluss eines Magnetfeldes, wobei sie dann auch ihre mechanischen Eigenschaften verändern. Dieses ungewöhnliche Verhalten mache magnetische Elastomere interessant und vielversprechend für innovative Anwendungen, etwa in der Schwingungstechnik oder als intelligente Materialien, so der Koordinator der Forschungsgruppe, Prof. Andreas Menzel vom Institut für Physik der Universität Magdeburg.
„Wir wissen, dass elastische Materialien durch unmittelbar einwirkende mechanische Kräfte verformt werden können. Hingegen wirken magnetische Kräfte unsichtbar und aus der Distanz. Magnetische Elastomere kombinieren nun beide Eigenschaften: Sie bestehen aus winzigen magnetischen Teilchen in einem weichen, elastischen Material und können sich in Magnetfeldern verändern, zum Beispiel sich verformen und ihre Steifigkeit anpassen.“ Das Team um Prof. Menzel möchte herausfinden, wie sich die Bildung innerer Strukturen beim Herstellungsprozess und damit die Materialeigenschaften der Elastomere durch eine geeignete Prozessführung beeinflussen, steuern und letztendlich optimieren lassen.
Magnetische Elastomere hätten dann ein großes Potential für zukünftige Technologien, so der Physiker weiter. „Sie könnten beispielsweise in Sensoren verwendet werden, die auf magnetische Felder reagieren und so etwa in medizinischen Geräten, Automobilkomponenten oder in der Robotik eingesetzt werden, um Bewegungen zu steuern oder mechanische Reaktionen zu messen.“ Durch die Fähigkeit, ihre Eigenschaften in einem Magnetfeld zu verändern, eigneten sich magnetische Elastomere außerdem für vibrationsdämpfende Materialien, die z.B. in Fahrzeugen, Maschinen oder Bauwerken eingesetzt werden, um Schwingungen zu reduzieren. Diese dämpfenden Eigenschaften lassen sich dann durch Magnetfelder anpassen.
Damit die faszinierenden Eigenschaften magnetischer Elastomere am Ende für praktische Zwecke aufgegriffen würden, liege ein weiterer Schwerpunkt des Forschungsprojektes darauf, die Erkenntnisse einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln und das Wissen an Schülerinnen und Schüler bzw. Lehrkräfte weiterzugeben, so Prof. Andreas Menzel. Das Team um die Physikdidaktikerin Prof. Bianca Watzka von der RWTH Aachen entwickelt daher parallel zur Materialforschung Methoden, um die gewonnenen Erkenntnisse effektiv weiter zu vermitteln. „Wir planen fachdidaktische Untersuchungen und erstellen beziehungsweise evaluieren entsprechende Lehr- und Lernmaterialien für den Schulunterricht“, so Prof. Bianca Watzka. „Auf diesem Wege wollen wir insbesondere Schülerinnen und Schüler sowohl für die aktuelle Forschung als auch für ein Studium im ingenieur- und naturwissenschaftlichen Bereich begeistern.“
Neben den Teams von Prof. Menzel an der Universität Magdeburg und Prof. Bianca Watzka an der RWTH Aachen sind an dem Forschungsprojekt die Arbeitsgruppen von Prof. Markus Kästner und Prof. Stefan Odenbach an der TU Dresden sowie Dr. Günter Auernhammer vom Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden IPF beteiligt.
Die Forschungsgruppe „Vom Herstellungsprozess strukturierter magnetischer Elastomere zum makroskopischen Materialverhalten“ (FOR 5599) wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG zunächst für vier Jahre mit insgesamt ca. 2,5 Mio. Euro gefördert.