800 Experten vernetzen sich zur Tagung „Mensch und Computer“
Wie können wir unseren digitalgeprägten Alltag mit Bankautomaten, unzähligen Passwörtern, Assistenzsystemen für Piloten oder Chirurgen nutzerfreundlicher, sicherer und insgesamt menschenfreundlicher gestalten? Wann werden Schwachstellen bei der Digitalisierung in puncto Sicherheit sichtbar, wie lernen Softwareentwickler ihre Nutzer besser kennen und mit welchen Methoden erfahren sie deren individuellen Vorlieben und persönlichen Erfahrungen?
Über 800 IT-Experten aus dem deutschsprachigen Raum werden sich vom 6. - 9. September 2020 auf der Tagung Mensch und Computer 2020 an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg intensiv diesen Fragen widmen. Ungewöhnlich in diesem Jahr: Die traditionell als Schnittstelle zwischen Entwicklern und Praktikern konzipierte Tagung findet erstmals ausschließlich digital statt.
Virtuell vernetzt diskutieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Psychologie, Informatik, Design gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Praxis. Die Themen der drei Tage reichen von den Möglichkeiten der digitalen Inklusion von Seniorinnen und Senioren über Chirurgietrainingssysteme, bei denen der Operateur Gewebeeigenschaften nicht nur sehen, sondern auch erspüren kann bis zum Einsatz von Virtual Reality als besondere Form der Mensch-Maschine-Interaktion. Es geht um Computerspiele für die Therapie von Kindern oder Schlaganfallpatienten, um Künstliche Intelligenz und Datensicherheit. Das gemeinsame und verbindende Ziel der Experten ist es, die Kommunikation zwischen Mensch und Computer prinzipiell leichter erlernbar, fehlerfreier und sicherer zu gestalten.
„Der demografische Wandel und die digitale Transformation stellen unsere heutige Gesellschaft vor große Herausforderungen“, so Prof. Dr.-Ing. Bernhard Preim, vom Institut für Simulation und Grafik der Universität und Organisator der Tagung. „Tätigkeiten werden regelrecht umgekrempelt und auch unser soziales Umfeld befindet sich im Wandel. Besonders für Senioren ist daher eine digitale Einbindung notwendig. Diese Inklusion ermöglicht zum einen ein selbstbestimmtes Leben im häuslichen Umfeld, zum anderen die Integration der Senioren im gesellschaftlichen Leben.“
Ein anderes relevantes Beispiel sei die Sicherheit, so Co-Organisator, Prof. Dr.-Ing. Christian Hansen. „Die meisten Sicherheitskonzepte sind schlecht benutzbar. Denn, wenn ich mir für jedes System ein Riesenpasswort mit Sonderzeichen und Zahlen merken muss und das alle drei Monate ändere, ist das sehr sicher, aber wahrscheinlich vergesse ich diese Passwörter wieder und wenn ich sie aufschreibe, dann ist die Sicherheit weg. Wie man einen guten Trade-Off zwischen intuitiver, einfacher Benutzbarkeit und hoher Sicherheit hinbekommt, auch darum geht es.“
Konferenz goes YouTube
Die Konferenzreihe Mensch und Computer habe seiner Meinung nach ein großes Alleinstellungsmerkmal: die unmittelbare Verbindung von Wissenschaftlern und Praktikern der Branche. „Sie bringt verschiedene Fachgebiete und Praxisfelder in den Diskurs, um voneinander zum Nutzen möglichst vieler Menschen zu lernen.“
Die Verlegung der Konferenz ins Netz sei eine Herausforderung, so Informatiker Preim. Statt Power-Point-Präsentationen würden Vorträge auf YouTube eingereicht und ausgewählt, Workshops in Zoom abgehalten, Diskussionen in Chats geführt. „Am Sonntag und Montag werden jeweils etwa 20 parallele Zoom-Sessions stattfinden. Die Workshop-Leiter und die Teilnehmenden sind dabei jeweils in einem Zoom-Raum; sie können „Breakout-Sessions“ nutzen, um auch in kleinen Gruppen etwas zu erarbeiten.“ Im Unterschied zum normalen Live-Format seien die Vorträge in der digitalen Variante deutlich kürzer. „Wir konzentrieren das Hauptprogramm jeweils auf den Nachmittag, weil keiner von uns glaubt, dass die Leute ganze Tage Videos schauen möchten.“ Die entstandenen Videos werden anschließend dauerhaft verfügbar sein.
„Richtig ist: Wir sparen Reisekosten, Flugmeilen, Hotelrechnungen und Restaurantbesuche“, so Preim über die virtuelle Premiere der Tagung. „Richtig ist aber auch, dass – da sind wir auch beim Thema der Tagung – ein virtueller Austausch bisher den persönlichen Dialog, der Nähe und Kontext liefert, nicht vollständig ersetzen kann. Ich bin gespannt, ob es uns gelingt, trotz der Fülle an Menschen und Themen einen fruchtbaren Diskurs zu organisieren."