Warten auf den selbstfahrenden Minibus?
Wirtschaftswissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg arbeiten daran, Organisations- und Geschäftsmodelle für die Nutzung autonomer Fahrzeuge zu entwickeln und datengestützte Szenarien für den Personentransport und Frachtverkehr für das Jahr 2035 zu entwerfen.
Im Rahmen des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit ca. 2,2 Millionen Euro geförderten Forschungsprojekts Potenziale autonomer Verkehrssysteme PAVE kombinieren die Ökonomen heutiges Mobilitätsverhalten und aktuelle Transportaufgaben mit künftigen technischen Möglichkeiten und entwickeln daraus Szenarien für künftige Verhaltens- und Organisationsformen für die Nutzung autonom fahrender Fahrzeuge. Anschließend wollen sie die Folgen künftigen Nutzungsverhaltens für Verkehrssysteme und Betreiber abschätzen und bewerten. Aus diesen Szenarien können darüber hinaus mögliche neue Anforderungen an autonom fahrende Fahrzeuge abgeleitet werden.
Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft wollen die Magdeburger Wirtschaftswissenschaftler die Potenziale der Veränderungen des Verkehrssystems durch die Automatisierung und deren langfristige Folgen für Städte und Kommunen abschätzen.
Neue Herausforderungen für den Güterverkehr
„Mit der rasanten technischen Entwicklung im Bereich automatisiert und vernetzt fahrender Fahrzeuge erwarten wir eine signifikante Veränderung des Mobilitätsverhaltens, der Mobilitätsorganisation und damit der Verkehrsorganisation insgesamt“, so Prof. Dr. Jan Fabian Ehmke vom Lehrstuhl BWL, insbesondere Management Science der Universität Magdeburg. „Auch im Bereich des Güterverkehrs ergeben sich daraus neue Geschäftsmodelle und Herausforderungen. Wir wollen in den nächsten zwei Jahren einen realistischen Blick in das Jahr 2035 werfen und zeigen, welche Leistungen durch ein System des automatisierten und vernetzten Fahrens möglich werden, welche Bedarfe und Nachfragen es geben wird, und für welche Dienste und Fahrzeuge eine hohe Akzeptanz zu erwarten ist. Das Projekt bezieht sich im ersten Schritt räumlich auf den Großraum Berlin, kann aber auch ausgeweitet werden.“
Um belastbare Szenarien zu entwerfen, müssen die Projektpartner zum einen Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in Städten und Kommunen, aber auch der regionalen Wirtschaft eruieren, die mit der Entwicklung von autonomen Mobilitäts- und Transportdienstleistungen einhergehen. Premiumtaxi sofort verfügbar oder doch lieber ein Sitzplatz in einem günstigen Minibus, auf den ich 10 Minuten warten muss? Welche Gesetze müssen beachtet werden, welche umweltschonenden Vorgaben? Wie werden aus diesen unterschiedlichen Bedarfen relevante Organisations- und Geschäftsmodelle?
Potentielle Nutzer nach Erwartungen fragen
Zunächst werden Mobilitätsexperten sowie potentielle Nutzer von autonomen Mobilitätsdienstleistungen nach ihrem Verhalten und ihren Erwartungen an autonome Verkehrssysteme befragt. Die Ergebnisse fließen in die Weiterentwicklung der Verkehrssimulation MATSim ein, welche um innovative Planungs- und Steuerungsverfahren erweitert wird. Die Verkehrssimulation erlaubt die Analyse der verschiedenen Szenarien für die Potenziale autonomer Verkehrssysteme im Jahr 2035.
Partner der Universität Magdeburg sind die Internationale Akademie Berlin gGmbH, das Fachgebiet Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik am Institut für Land- und Seeverkehr der Technischen Universität Berlin, die Robert Bosch GmbH, die IAV GmbH sowie die Door2Door GmbH.