Offener Brief der Universitätsmedizin Magdeburg zur Sparpolitik der Landesregierung
Die Universitätsmedizin Magdeburg beobachtet mit größter Sorge die gegenwärtigen Positionen der Landespolitik für die Entwicklung der Universitäten einschließlich der Hochschulmedizin in den nächsten Jahren - die Positionen stehen im Gegensatz zum Koalitionsvertrag vom 13. April 2011. Wir widersprechen vehement und mit allem Nachdruck der Einschätzung, dass die Universitäten des Landes Sachsen-Anhalt mittelmäßig seien. Für die Medizinische Fakultät und das Universitätsklinikum Magdeburg gilt:
■ Wir tragen entscheidend zur Patientenversorgung in der Stadt Magdeburg und überregional in Sachsen-Anhalt bei. Für viele Patienten ist diese medizinische Maximalversorgung die lebensentscheidende Grundlage bei schweren und schwersten oder seltenen Erkrankungen. So wurden hier im Jahr 2012 47.000 stationäre und 145.000 ambulante Patienten behandelt.
■ Die Medizinische Fakultät immatrikuliert jährlich ca. 190 Studierende (davon im Wintersemester 2012/2013 30% Landeskinder), ein Großteil der Studierenden (2012: 69%) beendet das Studium in der Regelstudienzeit und etwa 40% beginnen die ärztliche Tätigkeit in Sachsen-Anhalt.
■ Neben den Studierenden bildet die Universitätsmedizin Magdeburg ständig ca. 300 Fachärztinnen und Fachärzte aus, die die medizinische Versorgung sicherstellen.
■ Die Universitätsmedizin Magdeburg prägt durch vielfältige Forschungskooperationen mit den anderen Fakultäten entscheidend das Profil der Otto-von-Guericke-Universität und ist integraler Bestandteil der Universität.
■ Die Universitätsmedizin Magdeburg hat durch eine konsequente Berufungs- und zielführende Forschungspolitik für die Besetzung aller Professorenstellen gesorgt. Dadurch ist es gelungen, die beiden Forschungsschwerpunkte „Immunologie und Molekulare Medizin der Entzündung“ sowie „Neurowissenschaften“ zu nationaler und internationaler Sichtbarkeit und Exzellenz zu entwickeln - z. B. durch Einwerbung des Sonderforschungsbereiches 854 und Beteiligung am Sonderforschungsbereich 779.
■ Die Universitätsmedizin Magdeburg ist entscheidender Kooperationspartner für außeruniversitäre Forschungsinstitute wie Max-Planck-Institut Magdeburg, Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN), Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Fraunhofer-Institut Magdeburg, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig (HZI) sowie für regionale Wirtschaftsunternehmen.
■ Die Universitätsmedizin Magdeburg ist mit über 4200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - überwiegend in Vollzeitbeschäftigung - der größte Arbeitgeber der Stadt Magdeburg - das Lohnsteueraufkommen von 30 Mio. € trägt wesentlich zum Landeshaushalt bei.
Seitens der Landesregierung wird betont, dass Sachsen-Anhalt die Kosten der Universitätsmedizin im gegenwärtigen Umfang auf Dauer nicht erbringen kann. So werden dreistellige Millionenbeträge für Investitionen genannt - diese Summe ist für Magdeburg nicht nachvollziehbar. Es gibt einen Masterplan zur baulichen Entwicklung des Campus an der Leipziger Straße. Die darauf ausgerichtete Perspektivplanung des Landes bis 2020 bezifferte den Investitionsbedarf für die Sicherstellung von Lehre, Forschung und Krankenversorgung auf ca. 70 Mio. €.
Die wichtigste Maßnahme ist mit ca. 38 Mio. € die Erweiterung des Klinikumsgebäudes (Herzzentrum: Kardiologie, Herz- und Thoraxchirurgie, Pneumologie) - davon wurden seitens der Krankenkassen über Artikel 14 des Gesundheitsstrukturgesetzes bereits bis zu 10 Mio. € zugesagt.
Wir stellen vor allem folgende Fragen:
Ist es für das Renommee des Bundeslandes Sachsen-Anhalt als Forschungsstandort zielführend, durch Äußerungen von Landespolitikern im Zusammenhang mit geplanten Sparmaßnahmen die seit gut zwei Jahrzehnten erfolgreiche Arbeit der Universitäten einschließlich der Universitätsmedizin zu diskreditieren?
Will die Landesregierung die Reputation der Universitätsmedizin Magdeburg, die auch der Wissenschaftsrat 2009 in seinem Gutachten betont hat, wirklich preisgeben?
Wie sollen erfolgreich etablierte Grundlagen- und klinische Forschung in den beiden Forschungsschwerpunkten ohne adäquate Ausstattung und Unterstützung durch das Land weiterentwickelt werden?
Wie will die Landesregierung zukünftig sicherstellen, dass in unserem Bundesland genügend Ärzte ausgebildet werden, die nach Abschluss ihres Studiums in Sachsen-Anhalt bleiben?
Wie soll die fachärztliche Versorgung im Land Sachsen-Anhalt dauerhaft sichergestellt werden?
Sind die Konsequenzen der geplanten Reduzierung von Studierendenzahlen für die Landeshauptstadt Magdeburg und die Region hinnehmbar?
Unsere Kernforderungen sind:
■ Wir erwarten vom Land Sachsen-Anhalt eine angemessene und auskömmliche Finanzierung für Forschung und Lehre sowie die erforderlichen Investitionsmittel für die Krankenversorgung.
■ Magdeburg muss ein attraktiver Universitätsstandort einschließlich einer modernen Universitätsmedizin bleiben. Die Kürzungen sind nicht hinnehmbar und müssen im Sinne der nachhaltigen Zukunftsgestaltung der Universität, der Universitätsmedizin und der Stadt Magdeburg verhindert werden.
Der Fakultätsvorstand und der Klinikumsvorstand
Die Professoren der Institute und Kliniken
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums
Die Studierenden des Studiengangs Humanmedizin
Die Personalräte