Die Sprache der Gegenstände
Caterina Kremp ermittelt die Biografien von Objekten: Schon ein banal wirkender, alter Wimpel oder verschiedene Schlipse und Tücher können, allein durch ihre Existenz, Aufschluss über die Vergangenheit der Uni Magdeburg geben.
Studentin Caterina Kremp (Foto: privat)
Irgendwo in den staubigen Kellerräumen unter der Zentralbibliothek des Medizinercampus´ geht ein kleines Team aus Studierenden auf Schatzsuche: Eine von ihnen ist Cultural Engineering-Studentin Caterina Kremp. Sie sucht bereits das dritte Mal als Teilnehmerin des Kustodie-Projekts nach historischen Objekten. Nachdem sie einen interessanten Gegenstand gefunden hat, recherchiert die Studentin nach Fakten und Eckdaten, um ihn seine Geschichte erzählen zu lassen. Bisher ging sie einem Wimpel und davor Schlipsen und Tüchern auf den Grund – in diesem Semester beschäftigt sie sich mit drei Lageplänen des Sudenburger Krankenhauses aus den 1920er Jahren. „Es fühlte sich an als hätte ich die Möglichkeit, Schätze zu bergen, welche in Vergessenheit geraten waren und nur darauf warteten, Aufmerksamkeit zu bekommen“, erzählt die Studentin.
Den Wimpel unter die Lupe genommen
Um beispielsweise eine Objektbiografie zu ihrem Wimpel aus der DDR, genauer den 50er Jahren, anzufertigen, musste die Studentin einige Fragen klären: Woher kommt der Gegenstand? Wofür wurde er genutzt? Was symbolisierte er? „Zuerst schaue ich mir das Objekt genau an und dokumentiere alles was ich sehe: Von großen Auffälligkeiten bis hin zum kleinsten Kratzer“, berichtet Caterina Kremp, „dann recherchiere ich die historischen Hintergründe und setze alles zusammen“. Zum Schluss konnte sie das Fazit ziehen: „Er steht für die vermittelte Bildung, die harte Arbeit für eine Zukunft, schwierige Bedingungen aber vor allem für das Studentenleben, welches von der Akademie und den Hochschulen maßgeblich beeinflusst wurde.“
Wie sie bei der Recherche zu ihren ausgewählten Gegenständen vorgehen und die Fakten öffentlichkeitswirksam aufbereiten, lernen die Studierenden in einem Workshop und dem parallel laufenden Objekt-Labor. Caterina Kremp veröffentlichte, auf der von den Studierenden selbst angefertigten Website des Projekts, einen Blogbeitrag über ihren gefundenen Wimpel aus der Medizinischen Fakultät.
Kustodie in Corona-Zeiten
In diesem Semester geht es primär um die Schnittstelle von Medizintechnik und Geschichte: Für das Teilprojekt „Zusammenschau medizinischer Sammlungen“ durchsuchten die Studierenden die Kellerräume der Medizinischen Zentralbibliothek. Allerdings konnte der Mini-Workshop, in dem Dozierende über medizinische Themen referieren sollten, nicht stattfinden. Das Objekt-Labor dagegen wurde digital abgehalten: In den Zoom-Meetings sprachen die Studierenden über ihre Objekte und ihre Recherche. „Es gab Aufgabenblätter, die wir bis zur nächsten Zoom-Sitzung bearbeitet haben und wir haben einige Texte zum Lesen bekommen“, sagt Caterina Kremp.
Cultural Engineering-Studentinnen im Keller der Medizinischen Zentralbibliothek auf der Suche nach historischen Gegenständen (Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg)
Studienwahl: „Cultural Engineering“
In ihren acht Semestern Regelstudienzeit muss Caterina Kremp insgesamt 25 CreditPoints mit Projektarbeiten erwerben: Dafür eignet sich neben vielen weiteren Projektmöglichkeiten, die von Cultural Engineering-Studierenden ins Leben gerufen wurden, auch die Kustodie sehr gut. Nicht nur der Praxisbezug, sondern auch die vielen verschiedenen Fachrichtungen waren der Grund für Catarina Kremps Entscheidung, Cultural Engineering zu studieren. „Ich konnte erst in einige Vertiefungsgebiete reinschnuppern, bevor ich entscheiden musste“, erzählt Caterina Kremp, „das zeichnet den Studiengang in meinen Augen aus“. In Kombination zum kulturwissenschaftlichen, wirtschaftswissenschaftlichen und technischen Pflichtteil haben die Studierenden im Cultural Engineering die Wahl, ob sie sich auf dem Gebiet der Wirtschaft, Informatik oder Logistik weiterbilden möchten. Die Studentin erzählt: „Ich habe mich für eine Kombination aus Kulturwissenschaften und Wirtschaft entschieden, da ich später im Kulturmanagement arbeiten möchte.“ Nebenbei erlernen Cultural Engineering-Studierende Kompetenzen im Projektmanagement. Auch Fremdsprachen sowie selbständiges Handeln bauen die Studierenden im vorgesehenen Auslandssemester aus.
Das Kustodieprojekt habe Caterina Kremp für ihren Praxisteil besonders angesprochen, weshalb sie schon zum dritten Mal daran teilnimmt: „Durch das Kustodie-Projekt habe ich gelernt, dass es noch viel mehr Spannendes zu entdecken gibt als nur das oberflächlich Sichtbare“, fasst Caterina Kremp zusammen.
von Saskia Fischer