Training mit Speed
Schuhe quietschen, Tim Kloor, Rechtsaußen beim SC Magdeburg, erreicht eines der gelben Kontaktfelder auf dem Boden. Vor ihm, auf dem Bildschirm, leuchtet die nächste Zahl auf. Er rennt zum passenden Feld. Seine Teammitglieder feuern ihn im Hintergrund nochmal an. Doch die Zeit ist abgelaufen, bevor er das Feld am anderen Ende des Raumes erreicht. So sieht neuartiges Handballtraining an der Uni Magdeburg aus. „Es gibt seit langem eine sehr gut funktionierende Kooperation zwischen dem Lehrstuhl Trainingswissenschaft, Schwerpunkt Kognition und Bewegung, und der Handballabteilung des SC Magdeburg: Zum einen ist der SCM daran interessiert, nah an der Wissenschaft zu arbeiten, zum anderen ist die Uni Magdeburg an Versuchspersonen aus dem Profisport interessiert. Es ist also eine Win-Win-Situation“, erzählt Matthias Hinz. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und gleichzeitig Athletik-Trainer der A-Jugend des SC Magdeburg.
Jeden Dienstag trainiert die Mannschaft auf dem Speedcourt© des Lehrstuhls Trainingswissenschaft, Schwerpunkt Kognition und Bewegung, und verbessert so die Leistungsfähigkeit der Spieler. Und das sieht dann so aus: Der jeweilige Sportler steht zu Beginn auf dem Feld in der Mitte, nach einem dreisekündigen Timer leuchten nacheinander Felder auf einer großen Leinwand vor ihm auf. Diese muss er so schnell wie möglich erfassen und dann das Pendant auf dem Boden erreichen. Für eine kurze Zeit sprintet er dann quer durch den Raum. Ziel ist es, so viele Felder und damit Meter wie möglich zu schaffen. „Die auf dem Speedcourt© zu laufenden Distanzen bilden genau den Handlungsraum eines Spielers auf dem Handballfeld ab. Zudem simulieren die spezifischen Laufintensitäten auf dem Trainingsgerät ebenfalls recht gut die Situation auf dem Spielfeld. Es werden viele Aspekte des klassischen Handballtrainings aufgegriffen: motorische Aspekte wie Richtungswechselgeschwindigkeit und Koordination, kognitive Komponenten wie Wahrnehmung, Reaktion, Antizipation, Arbeitsgedächtnis, aber auch heuristisches Entscheiden, im Sinne von ‚Wenn ... dann‘-Fällen. Wenn zum Beispiel die Farbe grün aufleuchtet, muss ich eine vorgegebene Bewegung ausführen, bei rot eine andere. Das kommt im Handball in ähnlicher Weise ständig vor: Wenn mein Angreifer eine spezielle Aktion beginnt, muss ich als Verteidiger eine taktisch richtige Bewegungsantwort darauf geben“, erklärt Matthias Hinz.
Auf dem Speedcourtkönnen die Spieler klassische Spielsituationen trainieren (Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg)
Der Speedcourt© ist ein sehr effektives Trainingstool, das im Handball leider kaum zum Einsatz kommt, da bis auf wenige Leistungszentren und große Fußballvereine meist keine Speedcourts© zur Verfügung stehen. „Darum hat man auch einen großen Standortvorteil hier in Magdeburg“, fügt der Trainer an. Aber gerade nach der Trainingspause durch Corona und dem sogenannten „Home-Exercising“, das oft handballunspezifisch war, hilft der Speedcourt© den jungen Spielern des SC Magdeburg, wieder fit zu werden. „Seit März stand alles still. Es gab dann viel Home-Exercising per Zoom, ohne Körperkontakt natürlich. Nach und nach konnte man in kleinen Gruppen wieder zusammen draußen trainieren – das kam dann, glaube ich, Ende April, Anfang Mai. Danach war das Training wieder in der Halle möglich, jedoch immer noch ohne Körperkontakt. Noch vor der Sommerpause bot Professor Marco Taubert schließlich an, dass wir mit unseren Teams den Speedcourt© nutzen dürfen. Das war extrem hilfreich, weil ohne Handballtraining die Richtungswechselfähigkeit sehr schnell verloren geht. Da diese auf dem Speedcourt© die ganze Zeit beansprucht wird, war das ein super Tool, um sich mit den Bewegungsabläufen und den Intensitäten wieder rantasten zu können – ganz ohne Körperkontakt, mit Ausdauer-Komponente. Man hat schnell Fortschritte gesehen, die Athletik hat sich Woche für Woche weiter verbessert“, so Mattias Hinz.
So hält sich die A-Jugend des SC Magdeburg weiter mit dem Speedcourt© der Uni fit und nutzt so die Zeit, um sich auf Handballspiele vorzubereiten, dann heißt es immer dienstags: 3, 2, 1 – GO!