Studienanfänger erlernen das „Digitalhandwerk“
Sich lösen von althergebrachten Vorstellungen, theoretische Konzepte mit praktischen Erfahrungen verbinden und immer einen Blick haben für die gesellschaftliche Verantwortung – dieses auf das Entwerfen von Alltagsgegenständen zugeschnittene Ausbildungskonzept der Dessauer Bauhausmeister wurde an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg jetzt auch auf das Informatikstudium übertragen.
Studienanfängerinnen und -anfänger bekommen die Möglichkeit, nach dem Vorbild der historischen Vorkurse am Bauhaus einen „Vorkurs Digitalhandwerk“ zu belegen. Ziel des ungewöhnlichen Angebotes ist es, durch eine vollkommen neue Herangehensweise das Fach Informatik von Anfang an begreifbarer zu machen und so den Erstsemestern den Einstieg in das anspruchsvolle Studium zu erleichtern.
„Mit der fortschreitenden Digitalisierung und wachsenden Industrie 4.0 gibt es nicht mehr den Produktdesigner auf der einen Seite und den Informatiker auf der anderen. Beide Seiten müssen ihre Arbeitsweise und Denkweise kennen, alles muss zusammen gedacht und entwickelt werden“, erklärt Prof. Hans-Knud Arndt vom Lehrstuhl Managementinformationssysteme und Grand Management Information Design, der den neuen Einstieg in das Informatikstudium aus seiner Beschäftigung mit dem Bauhaus im laufenden Jubiläumsjahr heraus entwickelte. „Mit der fortschreitenden Industrialisierung und automatischen Fertigung wurde das gedankliche Gestalten immer weiter vom Handwerklichen getrennt. Quasi als Brücke zwischen kreativer Idee und handwerklicher Umsetzung von Gegenständen wurden am Bauhaus die Vorkurse eingerichtet.“
Wie der Bauhausmeister Johannes Itten folgen die Magdeburger Informatiker einem besonderen gedanklichen Prinzip, um die Studierenden an das Studium heranzuführen. „Freimachen – Gestalten – Verantwortung sind dabei die die wesentlichen Eckpunkte“, so Prof. Arndt. Das bedeutet, dass sich die Erstsemester im Seminar zunächst frei von gängigen Vorstellungen über Informatik machen. „Dazu gehören zum Beispiel die Vorurteile, Informatik ist ausschließlich mit dem Programmieren oder der Mathematik gleichzusetzen“, erklärt Hans-Knud Arndt. Wie in den historischen Vorkursen am Bauhaus, sollen die Erstsemester ein grundlegendes Verständnis für das Material bekommen, mit dem sie als Informatikerinnen und Informatiker arbeiten werden. Im vergangenen Semester hatten die Studierenden zunächst reale Objekte mit ihren Händen modelliert, bevor diese dann über einen Laserscanner digitalisiert wurden. Im kommenden Vorkurs werden die Studierenden erst im Rechner ein digitales Modell entwerfen, dass sie anschließend am 3D-Drucker produzieren. „Damit schlagen wir eine Brücke zwischen der virtuellen und realen Welt und machen die Informatik für die Studienanfänger im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar“, erklärt Prof. Arndt.
Der nächste Vorkurs „Digitalhandwerk“ findet im kommenden Sommersemester statt.